Hätte man mir vor langer Zeit mal gesagt, dass
ich unter solchen Umständen einmal 24 Stunden Zug fahren würde, dem hätte ich
wohl den Vogel gezeigt. Einen ganzen Tag
dauert die Zugreise von Agra nach Mumbai (1334 Kilometer) und ist damit bis
jetzt die längste Reise meines Lebens(und wahrscheinlich auch die günstigste
pro km, Gesamtpreis: 7€ pro Person). In einem sogenannten Sleeping Wagon, in
dem immer 6 Menschen auf 9m² schlafen, machten wir es uns nach Abfahrt bequem.
Der Zug verfügte über keine Fenster, sondern offene Gitter nach außen, sowie
eine Deluxe-Ventilator-Anlage, die vom Sound her an einen Rasenmäher erinnerte,
der seine glorreiche Zeit längst hinter sich hatte.
Ein generelles Problem in Delhi und Agra war
bereits die Bettelei. Und auch in diesem Zug machte man davor nicht halt.
Kinder, alte Menschen und verkrüppelte Menschen bleiben penetrant bei einem
stehen und halten die Hand auf. So traurig das entstehende Bild auch ist, wenn
so jemand vor einem steht, ist es wichtig den Hintergrund zu dieser Art der
„Spendenbitte“ zu kennen. Teilweise werden Kinder von klein auf dazu erzogen
gerade Touristen nach Geld zu fragen, um der Familie weiteres Einkommen zu
sichern. Viele Menschen arbeiten hier monatlich für 3000 Rupien (das entspricht
in etwa 50€) – umso verständlicher ist, dass man gerne bei Touristen die Hand
aufhält. Jedoch geht man teilweise soweit, dass die eigenen Kinder verstümmelt
werden, um sie mitleidserregender aussehen zu lassen. Viele indische Familien
sind der Ansicht, dass eine Spende an einen Bettler, diese Entwicklung nur noch
fördert und somit gibt man in der Regel gar nichts. Wir passten uns diesem
Denken an, jedoch muss ich ganz ehrlich sagen, dass mir das ein oder andere
kleine Geschöpf ziemlich leid tat L
Vielmehr gingen mir jedoch während der
Zugfahrt die „Priester“ oder die“Tänzerinnen“ auf die ----. Ständig hatte man –
trotz dem Fakt, dass man am schlafen war – irgendeinen Zweig oder Wollknäuel
auf den Kopf und blickte in ein forderndes Gesicht. Da stößt man dann leicht an
die Grenzen der eigenen Geduld…
Während der Fahrt hatten wir jedoch die Möglichkeit engeren Kontakt mit einer indischen Familie aufzubauen, denn schließlich teilte man sich über die vielen Stunden ein Abteil. Sogleich bekamen wir Essen angeboten, das im Zug liebevoll zubereitet wurde und man wurde über Deutschland ausgefragt, über unsere Erfahrungen in Indien etc.Obwohl ich die Inder auf der Straße oder in Schlangen oft als unhöflich und ungeduldig eingeschätzt hatte, so wurde ich im Zug sehr schnell eines Anderen belehrt. Unfassbar wie freundlich die Leute hier sind. Wenn jemand etwas zu essen auspackt, wird erstmal jedem etwas angeboten; Wenn einem die Augen im Zug zufallen, wird sofort die ganze Bank freigemacht und sich sofort zusammen auf eine andere gequetscht, sodass man liegen konnte - das war mir ein wenig unangenehm, als mir das dann 2x passiert war. Letztlich habe ich das dann nie gemacht und sie sofort wieder gebeten ihre Plätze einzunehmen und ihnen gesagt, dass ich gar nicht so müde bin. So vergingen dann nach und nach die Stunden bis wir dann endlich in Mumbai ankamen.
Der indische ICE und ich ;)
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