Montag, 8. Oktober 2012

Way to Mumbai...


Hätte man mir vor langer Zeit mal gesagt, dass ich unter solchen Umständen einmal 24 Stunden Zug fahren würde, dem hätte ich wohl den Vogel gezeigt. Einen ganzen  Tag dauert die Zugreise von Agra nach Mumbai (1334 Kilometer) und ist damit bis jetzt die längste Reise meines Lebens(und wahrscheinlich auch die günstigste pro km, Gesamtpreis: 7€ pro Person). In einem sogenannten Sleeping Wagon, in dem immer 6 Menschen auf 9m² schlafen, machten wir es uns nach Abfahrt bequem. Der Zug verfügte über keine Fenster, sondern offene Gitter nach außen, sowie eine Deluxe-Ventilator-Anlage, die vom Sound her an einen Rasenmäher erinnerte, der seine glorreiche Zeit längst hinter sich hatte.

Ein generelles Problem in Delhi und Agra war bereits die Bettelei. Und auch in diesem Zug machte man davor nicht halt. Kinder, alte Menschen und verkrüppelte Menschen bleiben penetrant bei einem stehen und halten die Hand auf. So traurig das entstehende Bild auch ist, wenn so jemand vor einem steht, ist es wichtig den Hintergrund zu dieser Art der „Spendenbitte“ zu kennen. Teilweise werden Kinder von klein auf dazu erzogen gerade Touristen nach Geld zu fragen, um der Familie weiteres Einkommen zu sichern. Viele Menschen arbeiten hier monatlich für 3000 Rupien (das entspricht in etwa 50€) – umso verständlicher ist, dass man gerne bei Touristen die Hand aufhält. Jedoch geht man teilweise soweit, dass die eigenen Kinder verstümmelt werden, um sie mitleidserregender aussehen zu lassen. Viele indische Familien sind der Ansicht, dass eine Spende an einen Bettler, diese Entwicklung nur noch fördert und somit gibt man in der Regel gar nichts. Wir passten uns diesem Denken an, jedoch muss ich ganz ehrlich sagen, dass mir das ein oder andere kleine Geschöpf ziemlich leid tat L

Vielmehr gingen mir jedoch während der Zugfahrt die „Priester“ oder die“Tänzerinnen“ auf die ----. Ständig hatte man – trotz dem Fakt, dass man am schlafen war – irgendeinen Zweig oder Wollknäuel auf den Kopf und blickte in ein forderndes Gesicht. Da stößt man dann leicht an die Grenzen der eigenen Geduld…

Während der Fahrt hatten wir jedoch die Möglichkeit engeren Kontakt mit einer indischen Familie aufzubauen, denn schließlich teilte man sich über die vielen Stunden ein Abteil.  Sogleich bekamen wir Essen angeboten, das im Zug liebevoll zubereitet wurde und man wurde über Deutschland ausgefragt, über unsere Erfahrungen in Indien etc.Obwohl ich die Inder auf der Straße oder in Schlangen oft als unhöflich und ungeduldig eingeschätzt hatte, so wurde ich im Zug sehr schnell eines Anderen belehrt. Unfassbar wie freundlich die Leute hier sind. Wenn jemand etwas zu essen auspackt, wird erstmal jedem etwas angeboten; Wenn einem die Augen im Zug zufallen, wird sofort die ganze Bank freigemacht und sich sofort zusammen auf eine andere gequetscht, sodass man liegen konnte  - das war mir ein wenig unangenehm, als mir das dann 2x passiert war. Letztlich habe ich das dann nie gemacht und sie sofort wieder gebeten ihre Plätze einzunehmen und ihnen gesagt, dass ich gar nicht so müde bin. So vergingen dann nach und nach die Stunden bis wir dann endlich in Mumbai ankamen.

Der indische ICE und ich ;)

Taj Ma...hallo...!

Heute starteten wir Richtung Agra.


Unser zweiter der drei Stops in Indien. Da Agra ziemlich nahe an Delhi liegt, waren wir nur 2 Stunden unterwegs und konnten uns schon vormittags dort zurecht finden. Agra an sich ist nicht sehr groß und auch keine wirklich schöne indische Stadt. Letztlich zieht das Taj Mahal sehr viele Menschen aus der Ferne an, sodass sich hier nahezu jeder auf den Tourismus spezialisiert hat. Irgendwie verkauft hier jeder irgendwas und zu unserem Leidwesen wird man jede 2 Minuten von jemand anderem angesprochen ob man nicht dies oder jenes kaufen wolle. Auch in Delhi war dies schon ein Problem, aber hier setzen die Leute echt noch einen drauf. Ein „Nein“, „No“ oder „Nahin[indisch]“ zeigt keinerlei Wirkung und die Leute laufen einem die halbe Straße hinterher. Bei brütender Hitze kann dies manchmal doch den ein oder anderen Nerv kosten.

Nachdem wir unser Hotel bezogen hatten, das diesmal trotz des günstigen Preises europäische Standards hatte, sind wir auf zum Baby Taj. Das Baby Taj, ist genau wie das TajMahal, eine Grabstätte, die ein Inder für seine verstorbene Frau gebaut hat. Mit dem TajMahal hat das Gebäude eigentlich gar nichts zu tun, aber so lässt sich das wohl alles sehr gut vermarkten. Positiver Aspekt des Baby Taj zu seinem größeren Vertreter ist der ruhige Park mit wenigen Touristen, der sehr zum Ausruhen einlädt. Somit hielten wir uns hier enorm lange auf und fuhren erst Abends wieder zurück in die „Stadt“.

Am nächsten Tag stand dann endlich das Highlight in Agra an: das TajMahal. So oft hatte ich es schon auf Bildern und Postkarten gesehen, aber ganz ehrlich, kaum ein Bild der Welt kann wohl einfangen wie beeindruckend eins der sieben Weltwunder ist, wenn man davor steht. Trotz der enorm vielen Menschen, des stattlichen Preises für Nicht-Inder und kaum Schatten verbrachten wir hier den Großteil des Tages. Unfassbar, wie detailliert hier verschiedenfarbige Steine zu Bildern gebaut und darüber hinaus teils so krass geformt wurden. So ein Gebäude aus weißem Marmor hat mal richtig Stil J.

Auch der Kult um uns Westeuropäer machte am TajMahal keinen Halt. Als ein schüchternes Schulmädchen Sina fragte, ob sie ein Foto mit ihr machen wolle und sie bejahte, kam auf einmal die ganze Schulklasse angelaufen. Wie das dann aussieht, konnte ich, nachdem ich mich aus der Menge der Menschen befreit hatte, lustigerweise fotografisch festhalten. Sina und ich hatten auf jeden Fall unseren Spaß. Sorry für das Bild Sina ;)

Nicht verwunderlich war dann auch, dass man ein wenig Wehmut empfand, als man dem alten Taj den Rücken zuwand um dann zur Zugreise nach Mumbai, dem letzten Stop in Indien aufzubrechen. 


Und sie nannten es "Sina"

Die typischen Autos auf Agras Strassen
Das gute S.S. Restaurant mit beworbener Dachterasse (!)
Farbenspiel mit dem Taj Mahal

Das klassische Touri-Foto ;)

...und noch eins. Heute schau ich mal nicht auf die Mark.

Die Inder - Meister des Vertriebs


Old Delhi & Co

Der dritte Tag...
Nach unserem üblichen Frühstück im Everest-Café trafen wir einen Motor-Riksha-Fahrer, den Sina schon von ihren vorigen Aufenthalten in Delhi kannte – den guten Mr. Singh. Übrigens der erste Riksha-Fahrer dem ich ein beherztes „Nahin“ (Indisch für „Nein!“) mit abwinkender Handbewegung entgegenschmetterte – umso unangenehmer, das Sina ausgerechnet ihn sehr gut kannte…^^
Mr Singh quatschte solange auf uns ein, bis er uns zu einer Tour zum Gandhi Museum, HumayunsTomb und Old Delhi überredet hatte. 

So lustig es sich anhört – Riksha-Fahren hat total was. Man lehnt sich einfach in einem dieser klapprigen Gefährte mit 3 Rädern zurück und kann bestens das herrschende Verkehrschaos begutachten. Rikshas haben zudem keinerlei Fenster sondern sind zu beiden Seiten hin offen, sodass einem der Wind die ganze Zeit entgegenpfeift und es von der Temperatur her deutlich angenehmer macht.

Am Gandhi Museum angekommen, machte sich dann ein wenig Enttäuschung breit. Zwar hat man Mahatma Gandhis letztes Anwesen (in dem er ermordet wurde) sehr schön zu einem Museum hergerichtet, aber wer wie beschrieben ein Multi-Media-Museum erwartet hatte, der musste mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen, das mit Multi-Media gemeint war, dass hier ein paar Touristenspielchen, klapprige Kopfhörer und aufgebaute Püppchen aus den 70er Jahren das Leben des großen Mahatma Gandhis wiederspiegelten.  Sehr interessant war jedoch, dass man Zugang zu Gandhis privaten Räumen und seinem großen Garten hatte, sodass man hier zumindest ein wenig relaxen konnte.

Der nächste Stop war dann HumayunsTomb. Wie üblich bezahlt man als Tourist, um sich die Sehenswürdigkeit anschauen zu können, mehr als 10x soviel wie indische Touristen, was dem ganzen oftmals einen faden Beigeschmack gibt. HumayunsTomb an sich, macht jedoch alles wieder wett. Ein unglaublicher beeindruckender Bau aus rotem Sandstein, bei dem man nicht wissen will, wieviel Arbeit es gewesen sein muss, die einzelnen Ornamente und Co in die Steine einzubetten. Ziemlich beeindruckend!
Zum Tagesabschluss ging es dann nach Old Delhi. Fakt ist, wenn man mal in Delhi ist, so sollte man sich den Gewürzmarkt und den Stadtteil Old Delhi auf jeden Fall mal angeschaut haben. Trotz allem war es für mich als Tourist, der Indien noch nicht ganz gewohnt ist, sehr schwer hier zurechtzukommen. Unfassbar viele Menschen leben hier auf engsten Raum und die Bürgersteige gleichen einem Hindernisparcours durch liegende Menschen, Müll, Fahrräder, Motorräder, Kühen und selbstverständlich hastenden Menschen. Körperkontakt ist hier im Gehen absolut nicht zu vermeiden und man klebt sowohl an seinem Hinter- als auch Vordermann. Auch die Geruch- und Geräuschkulisse ist alles andere als gewohnt, aber endlich hatte ich mal das Gefühl etwas von dem Indien mitzubekommen, das nicht nur für Touristen hergerichtet ist.
Viele Eindrücke, die ich besonders in Old Delhi gewonnen habe, fand ich sehr beeindruckend. Zum Einen können Inder anscheinend überall schlafen, selbst auf Gehwegen in Old Delhi inmitten unfassbar vielen Menschen und einer krassen Geräuschkulisse. Zum anderen ist hier absolut jeder relaxt und trotz des absolut chaotischen Verkehrs habe ich bis dato noch nicht einen Unfall hier gesehen obwohl sich hier alle Autos untereinander berühren. Der deutsche Autoliebhaber wird sich das vielleicht mit Schrecken vorstellen, aber Autos ohne Beulen gibt es in Indien nicht. Bezeichnend war eine Riksha-Fahrt bei dem unser Fahrer sichtlich genervt von einem anderen Riksha-Fahrer war, der vor ihm gehalten hatte. Als Hupen nicht mehr half, ist er ihm beherzt einfach mal von hinten drauf gefahren. Während ich auf dem Hintersitz feierte, war die Konsequenz: der vordere Riksha-Fahrer fuhr ohne sich aufzuregen oder zu diskutieren etwas zur Seite sodass wir durchkonnten. So ist Indien – absolut  unkompliziert :D

Genauso unkompliziert scheint es hier auch zu sein, an Strom zu kommen. Ich denke Bilder sagen hier mehr als tausend Worte ;)

Als letzten Tagespunkt hatten wir uns die Jama Majid vorgenommen, Indiens größte Moschee. Hierzu orderten wir erstmals eine Fahrrad-Riksha, die uns dorthin bringen sollte. Dort angekommen, erlebten wir aber eine ärgerliche Überraschung. Obwohl Sina schon vor 2 Wochen hier war und ohne Eintritt die Moschee besichtigen konnte, verlangte man heute tatsächlich von uns einen beträchtlichen Betrag um Einlass zu erhalten, während Inder kostenlos an uns vorbeischlenderten. Da auch Diskussionen hier nicht halfen und man keinen Hehl daraus machte aus Touristen Kapital schlagen zu wollen, entschieden wir uns dagegen und fuhren zurück zu unserem Hotel. Die Mentalität der Inder von Touristen mehr Geld zu verlangen ist absolut verständlich und legitim, die Methoden, die dazu jedoch teilweise angewandt werden und die Ausmaße hingegen sind sehr fragwürdig.  Das ist dann eins der ganz wenigen Dinge, die ich an der Mentalität auszusetzen habe. Ansonsten sind die Inder ein absolut friedliches und freundliches Volk. Immer mit dem Bestreben Kontakt aufzunehmen und jemanden selbst ein freundliches „How are you?“ entgegenzuwerfen, obwohl die Antwort eh nicht verstanden werden kann. Allerdings ist gerade die jüngere Generation sehr wohl in der Lage ein echt gutes Englisch zu sprechen, sodass man oftmals in Smalltalk gerät, bei dem die Leute meist wissen wollen, woher man kommt, wielange man in Indien ist und was man hier so vor hat. Auch wenn es sich teilweise anders beschrieben anhört, der allgemeine Tenor ist, dass die Inder sich darüber freuen, dass Menschen aus der Ferne kommen um ihr Land zu sehen.



Mahatma Gandhis Schlafzimmer
Humayuns Tomb

Auf einer Strasse in Old Delhi...lebensgefaehrliche Szenen in Indien :D

Good old Delhi

Das brandneue Modell "Renault Boeff3000"auf den Strassen Delhis

Auch ein sicheres Stromnetz wird in Indien grossgeschrieben

Eine ruhige Strasse im malerischen Old Delhi ;) 





Tag 2 in Delhi

Mein zweiter Tag in Indien begann ziemlich gechillt. Nachdem wir lange ausgeschlafen hatten, beschlossen wir in die Select-CityWalk-Mall zu gehen. Bis dato habe ich Indien eigentlich nur die Stadtteilen kennengelernt, die nicht unbedingt in Nobelreiseführern abgedruckt werden. Wer allerdings denkt, dass Indien schlichtweg ein armes Land ist, der täuscht sich gewaltig. Das Indien auch ganz anders kann, habe ich dann in der Mall in Delhi gesehen. Die gewaltigen Müllberge und der süßliche Jauche-Geruch, der vor allem mitten in Delhi oftmals die Nase umschmeichelt, wich einem der gepflegtesten Einkaufszentren, das ich bis dato gesehen habe.  Markenläden reihen sich hier an weitere Markenläden und die Preise stehen denen in Deutschland nichts nach – somit wurde auch nichts aus dem Traum sich hier mit Klamotten einzudecken. Letztlich war es jedoch ein sehr unterhaltsamer Tag, den man abends im Hardrock-Cafe in New Delhi hat ausklingen klassenJ
Seitliche Dachterrasse vom Select-Citywalk


Frontansicht der Select-CityWalk-Mall

Ankunft in Delhi


Sooo hier sitze ich nun um kurz nach Neun in Agra auf einer Terrasse in einem Dachrestaurant mit freiem Blick auf das TajMahal und schreibe meinen ersten Eintrag.

Wo soll ich bloß anfangen? In den 4 Tagen in denen ich nun hier bin, ist schon unglaublich viel passiert und alle Eindrücke, die in dieser Zeit schon entstanden sind, sind wohl schwer niederzuschreiben aber ich gebe mein Bestes. Schon einmal vorab, mir gefällt es echt gut hier und auch wenn sich vieles negativ anhört, so geht es mir doch prima und wir haben hier ne tolle Zeit. An der Stelle schonmal vielen Dank an Sina, die mir mit ihren Hindi- und Indienkenntnissen die Reise enorm vereinfacht und belustigt ;D

Nachdem ich meinen Nachtflug von Frankfurt nach Delhi aus Platzgründen ohne eine Minute Schlaf hinter mich gebracht hatte, startete ich auch schon ohne große Umwege in den indischen Alltag. Sina stand schon am Flughafen bereit um mich samt Gepäck in einen 3-Personen-Bus zu lotsen, der uns ins Hotel brachte. Wirklich müde wurde ich auf dieser Fahrt nicht, denn generell scheint bei einem indischen Wagen sowohl das Brems- als auch das Gaspedal mit der Hupe verbunden zu sein. Daraus entsteht dann ein ziemlich großer Lärm, der lediglich durch das Muhen der Kühe unterbrochen wird, die mit und ohne Wagen gerne am Verkehr teilnehmen. Generelle Verkehrsregel habe ich zwar nicht erkennen können, aber man kommt vorwärts und unterhaltsam sind solche Fahrten allemal.

Endlich angekommen, ließ ich mich,erstmal die Ruhe genießend, ins Bett fallen…Was kann man allgemein über die indischen Unterkünfte sagen? Alles ist zwar sehr einfach gehalten und auf den ersten Blick sehr umkomfortabel, aber eine der ersten Lektionen hier ist, dass man das deutsche Anspruchsdenken auch in Deutschland zu lassen hat. Letztlich hat man in jeder indischen Hotelunterkunft alles was man braucht und warum sollte man auch nur eine Sekunde damit verbringen über irgendwelchen fehlenden Luxus zu nörgeln, wenn man 5-7€ für eine Nacht zahlt?

Zum Start in den Tag haben Sina und ich uns dann in einem indischen Restaurant ein reichliches Frühstück gegönnt (1,50€ für ein komplettes Menü), um danach zum Lotustempel in Delhi aufzubrechen. Der Lotustempel an sich, ist ein einducksvoller Tempel, der – wer hätte es gedacht – in der Form einer geöffneten Lotusblüte gebaut ist. Bemerkenswertwar zuerst mal jedoch nicht das Gebäude selber, sondern die Menschenmassen, die vor dem Eingang warteten. Mein Ankunftstag, der 2. Oktober, ist Mahatma Gandhis Geburstag und somit indischer Feiertag. Wie das an Geburtstagen so ist, wird kräftig gefeiert. Und aus diesem Anlass schmeißt der gute Mahatma auch nach seinem Tod jährlich eine zünftige Runde, indem er allen freien Eintritt in diverse Tempel gewährt, für die man sonst Eintritt zahlen müsste. Lockerer Kerl. ;)

Hier wurde ich jedoch zum ersten Mal mit einem Fakt konfrontiert, den ich vorher so nicht erwartet hätte. Während die Inder sonst so enorm gelassen sind und ihre laute und teilweise sehr chaotische Umwelt mit absoluter Selbstverständlichkeit hinnehmen, scheint sie das Warten in Schlangen regelrecht aus der Haut zu bringen. Erreicht man die letzten beiden Meter vor einem Eingang beginnt man, den ohnehin nicht vorhandenen, Körperabstand in der Hitze noch weiter zu reduzieren und nach allen Regeln der Kunst zu drücken. Das erstaunliche ist, dass sich niemand darüber beschwert und wenn man beispielsweise seinen schiebenden Hintermann einen Blick zuwirft, so schaut dieser einen absolut gelassen an, als wäre es das normalste auf der Welt sich den schnellsten Weg durch den Eingang zu sichern. Sicherlich auch eine gute Einstellung in Anbetracht, dass ein neugebauter Tempel 2 Minuten später wohl zu einem anderen Eingang mit vielen Menschen gehüpft sein könnte…

Neben dem Lotustempel besuchten auch den Krishna-Iskcon-Tempel bei dem wir live an einer Zeremonie teilnehmen konnten und man sich die sehr abwechlungsreiche und unterhaltsame Gebetsprozedur samt Opfergaben (Lebensmittel und Blumen, keine Lebendopfer ;)) anschauen konnten. Besonders positiv war in meinen Augen vor allem der Fakt, dass die Inder vollkommen offen darauf reagierten, dass Fremde in ihrem Gotteshaus standen und an ihrer Gebetsfeier teilnamen.

Trotz der in meinen Augen zahlreichen Touristen, sind Westeuropäer in Indien nach wie vor eine Attraktion. Viele Menschen versuchen mit den wenigen Worten Englisch, die ihnen teilweise zur Verfügung stehen, Kontakt aufzunehmen und ein Gespräch aufzubauen. Gerade am ersten Tag wurde ich mehrfach darum gebeten mit wildfremden Indern ein Foto zu machen, auf denen man ihnen die Hand schüttelt oder locker nebeneinander steht. Zudem scheint weiße Haut hier etwas sehr besonderes zu sein, sodass es nicht selten ist, dass Menschen und vor allem Kinder oft Körperkontakt suchen. In diesem Zusammenhang gibt es einem schon zu denken, dass Menschen in Deutschland unter Solarien gehen oder Bräunungscremes nutzen, während hier Bleichcremes verkauft werden, die die indische Haut heller machen sollen…Wir Menschen 
sind schon irgendwie komisch.

Dass die Inder eine besondere Faszination an uns Westeuropäern haben, habe ich ja bereits erwähnt. Wie sehr das männliche Volk der Inder jedoch auf lange blonde Haare und blaue Augen abfährt, muss Sina lustigerweise jeden Tag feststellen. Während ich mich meistens über die penetranten Blicke, die nicht nur auf Sinas Gesicht gerichtet sind, amüsiere, so wird es Sina verständlicherweise nach nunmehr 2 Monaten Aufenthalt  oftmals ein wenig viel. Teilweise nimmt auch die ständige Berührerei im Zug Überhand an, sodass der spaßige Teil hier schnell aufhört. Generell habe selbst ich es jetzt schon mehrfach mitbekommen, dass Inder die Nähe zu ihr durch den ein oder anderen Griff ausgenutzt haben, der in Deutschland zurecht eine Ohrfeige nach sich gezogen hätte – hier scheint das wohl bei manchen zum guten Ton zuzugehören…Zum Glück geht Sina damit echt gut um, sodass weder ihr noch ihrem Umfeld bis dato Schaden zugefügt wurde ;)

Zum Abschluss des Tages lachte uns dann vollkommen überraschend ein McDonalds an, dem wir dann nicht wiederstehen konnten.  Mit einem souveränen westeuropäischen Grinsen bestellte ich die 3 Burger auf der Karte, die ich noch gar nicht aus den deutschen Fillialen kannte – ein Fehler, wie sich später herausstellte. Während der indische Big Mac (Huhn anstatt Rind) und so ein gebratener Käseburger noch ganz passabel schmeckten, sollte man nicht auf die Idee kommen, einen McSpicy in Indien zu bestellen. Da man ohnehin bei jedem Essen gefragt wird, wie spicy man es haben möchte, hätte ich mir vorher denken können, dass man mit sowas in Indien keinen Spaß macht. Fazit: tränende Augen, laufende Nase, brennende Kehle, anderthalb Tage Bauchschmerzen – Indien 1: André 0.
Mein Blick waehrend des Schreibens...das ferne Taj Mahal :)

Lotustempel in Delhi

Traditionelles indisches Essen - Thali

Hindu-Zeremonie im Krishna-Iskcon-Tempel