Sooo hier sitze ich nun um kurz nach Neun in
Agra auf einer Terrasse in einem Dachrestaurant mit freiem Blick auf das
TajMahal und schreibe meinen ersten Eintrag.
Wo soll ich bloß anfangen? In den 4 Tagen in
denen ich nun hier bin, ist schon unglaublich viel passiert und alle Eindrücke,
die in dieser Zeit schon entstanden sind, sind wohl schwer niederzuschreiben
aber ich gebe mein Bestes. Schon einmal vorab, mir gefällt es echt gut hier und
auch wenn sich vieles negativ anhört, so geht es mir doch prima und wir haben
hier ne tolle Zeit. An der Stelle schonmal vielen Dank an Sina, die mir mit
ihren Hindi- und Indienkenntnissen die Reise enorm vereinfacht und belustigt ;D
Nachdem ich meinen Nachtflug von Frankfurt
nach Delhi aus Platzgründen ohne eine Minute Schlaf hinter mich gebracht hatte,
startete ich auch schon ohne große Umwege in den indischen Alltag. Sina stand
schon am Flughafen bereit um mich samt Gepäck in einen 3-Personen-Bus zu
lotsen, der uns ins Hotel brachte. Wirklich müde wurde ich auf dieser Fahrt
nicht, denn generell scheint bei einem indischen Wagen sowohl das Brems- als
auch das Gaspedal mit der Hupe verbunden zu sein. Daraus entsteht dann ein
ziemlich großer Lärm, der lediglich durch das Muhen der Kühe unterbrochen wird,
die mit und ohne Wagen gerne am Verkehr teilnehmen. Generelle Verkehrsregel
habe ich zwar nicht erkennen können, aber man kommt vorwärts und unterhaltsam
sind solche Fahrten allemal.
Endlich angekommen, ließ ich mich,erstmal die
Ruhe genießend, ins Bett fallen…Was kann man allgemein über die indischen
Unterkünfte sagen? Alles ist zwar sehr einfach gehalten und auf den ersten
Blick sehr umkomfortabel, aber eine der ersten Lektionen hier ist, dass man das
deutsche Anspruchsdenken auch in Deutschland zu lassen hat. Letztlich hat man
in jeder indischen Hotelunterkunft alles was man braucht und warum sollte man
auch nur eine Sekunde damit verbringen über irgendwelchen fehlenden Luxus zu
nörgeln, wenn man 5-7€ für eine Nacht zahlt?
Zum Start in den Tag haben Sina und ich uns
dann in einem indischen Restaurant ein reichliches Frühstück gegönnt (1,50€ für
ein komplettes Menü), um danach zum Lotustempel in Delhi aufzubrechen. Der
Lotustempel an sich, ist ein einducksvoller Tempel, der – wer hätte es gedacht
– in der Form einer geöffneten Lotusblüte gebaut ist. Bemerkenswertwar zuerst
mal jedoch nicht das Gebäude selber, sondern die Menschenmassen, die vor dem
Eingang warteten. Mein Ankunftstag, der 2. Oktober, ist Mahatma Gandhis
Geburstag und somit indischer Feiertag. Wie das an Geburtstagen so ist, wird kräftig
gefeiert. Und aus diesem Anlass schmeißt der gute Mahatma auch nach seinem Tod
jährlich eine zünftige Runde, indem er allen freien Eintritt in diverse Tempel
gewährt, für die man sonst Eintritt zahlen müsste. Lockerer Kerl. ;)
Hier wurde ich jedoch zum ersten Mal mit einem
Fakt konfrontiert, den ich vorher so nicht erwartet hätte. Während die Inder
sonst so enorm gelassen sind und ihre laute und teilweise sehr chaotische
Umwelt mit absoluter Selbstverständlichkeit hinnehmen, scheint sie das Warten
in Schlangen regelrecht aus der Haut zu bringen. Erreicht man die letzten
beiden Meter vor einem Eingang beginnt man, den ohnehin nicht vorhandenen,
Körperabstand in der Hitze noch weiter zu reduzieren und nach allen Regeln der
Kunst zu drücken. Das erstaunliche ist, dass sich niemand darüber beschwert und
wenn man beispielsweise seinen schiebenden Hintermann einen Blick zuwirft, so
schaut dieser einen absolut gelassen an, als wäre es das normalste auf der Welt
sich den schnellsten Weg durch den Eingang zu sichern. Sicherlich auch eine
gute Einstellung in Anbetracht, dass ein neugebauter Tempel 2 Minuten später
wohl zu einem anderen Eingang mit vielen Menschen gehüpft sein könnte…
Neben dem Lotustempel besuchten auch den
Krishna-Iskcon-Tempel bei dem wir live an einer Zeremonie teilnehmen konnten
und man sich die sehr abwechlungsreiche und unterhaltsame Gebetsprozedur samt
Opfergaben (Lebensmittel und Blumen, keine Lebendopfer ;)) anschauen konnten. Besonders
positiv war in meinen Augen vor allem der Fakt, dass die Inder vollkommen offen
darauf reagierten, dass Fremde in ihrem Gotteshaus standen und an ihrer
Gebetsfeier teilnamen.
Trotz der in meinen Augen zahlreichen
Touristen, sind Westeuropäer in Indien nach wie vor eine Attraktion. Viele
Menschen versuchen mit den wenigen Worten Englisch, die ihnen teilweise zur
Verfügung stehen, Kontakt aufzunehmen und ein Gespräch aufzubauen. Gerade am
ersten Tag wurde ich mehrfach darum gebeten mit wildfremden Indern ein Foto zu
machen, auf denen man ihnen die Hand schüttelt oder locker nebeneinander steht.
Zudem scheint weiße Haut hier etwas sehr besonderes zu sein, sodass es nicht
selten ist, dass Menschen und vor allem Kinder oft Körperkontakt suchen. In
diesem Zusammenhang gibt es einem schon zu denken, dass Menschen in Deutschland
unter Solarien gehen oder Bräunungscremes nutzen, während hier Bleichcremes verkauft
werden, die die indische Haut heller machen sollen…Wir Menschen
sind schon
irgendwie komisch.
Dass die Inder eine besondere Faszination an
uns Westeuropäern haben, habe ich ja bereits erwähnt. Wie sehr das männliche
Volk der Inder jedoch auf lange blonde Haare und blaue Augen abfährt, muss Sina
lustigerweise jeden Tag feststellen. Während ich mich meistens über die
penetranten Blicke, die nicht nur auf Sinas Gesicht gerichtet sind, amüsiere,
so wird es Sina verständlicherweise nach nunmehr 2 Monaten Aufenthalt oftmals ein wenig viel. Teilweise nimmt auch
die ständige Berührerei im Zug Überhand an, sodass der spaßige Teil hier
schnell aufhört. Generell habe selbst ich es jetzt schon mehrfach mitbekommen,
dass Inder die Nähe zu ihr durch den ein oder anderen Griff ausgenutzt haben,
der in Deutschland zurecht eine Ohrfeige nach sich gezogen hätte – hier scheint
das wohl bei manchen zum guten Ton zuzugehören…Zum Glück geht Sina damit echt
gut um, sodass weder ihr noch ihrem Umfeld bis dato Schaden zugefügt wurde ;)
Zum Abschluss des Tages lachte uns dann vollkommen überraschend ein McDonalds an, dem wir dann nicht wiederstehen konnten. Mit einem souveränen westeuropäischen Grinsen bestellte ich die 3 Burger auf der Karte, die ich noch gar nicht aus den deutschen Fillialen kannte – ein Fehler, wie sich später herausstellte. Während der indische Big Mac (Huhn anstatt Rind) und so ein gebratener Käseburger noch ganz passabel schmeckten, sollte man nicht auf die Idee kommen, einen McSpicy in Indien zu bestellen. Da man ohnehin bei jedem Essen gefragt wird, wie spicy man es haben möchte, hätte ich mir vorher denken können, dass man mit sowas in Indien keinen Spaß macht. Fazit: tränende Augen, laufende Nase, brennende Kehle, anderthalb Tage Bauchschmerzen – Indien 1: André 0.
Lotustempel in Delhi |
Traditionelles indisches Essen - Thali |
Hindu-Zeremonie im Krishna-Iskcon-Tempel |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen