Und wieder ist eine Woche rum. Die Zeit vergeht hier echt
viel zu schnell, was aber wohl daran liegt, dass immer soviel passiert und man
so immens viel zu tun hat. Aber der Reihe nach:
Das WG-Leben bei uns gestaltet sich immer amüsanter. Der
Einfluss der sieben Deutschen auf die drei Inder ist absolut spürbar. Wir haben
es uns mit der Zeit nicht nehmen lassen, den Herren dann auch entsprechend
deutsches Vokabular aus dem filmischen Meisterwerk „Voll Normaal“ beizubringen.
Gerade die kurzen Satzendungen erfreuen sich bei den Indern besonderer
Beliebtheit, sodass sich eine übliche Frage von Ihnen in etwa so anhört: „Do
you want to play some poker, oder wat?“ In diesen Momenten spüre ich schon
einen gewissen Stolz meinen Mitmenschen ein wenig Deutsche Kultur
näherzubringen. Auch in Streitsituation agieren unsere Inder mittlerweile sehr
souverän, wenn sie von jemandem angesprochen werden, mit dem sie gerade nicht
reden wollen, reicht von Ihnen meist ein beherztes „Kusch.“ – und jeder weiß
was gemeint ist. Momentan bringe ich Ritesh das legendäre Zitat „Ein Wort – und
du bist tot!“ von Voll Normaal Legende Jupp bei, aber dafür werden wir wohl
noch ein paar Tage und ein wenig Alkohol brauchen, um es in kölschem Akzent
hinzukriegen.
Auch ein Pendant zu Karneval ließ sich diese Woche finden:
Halloween. Das ist hierzulande echt ne riesen Sache und echt jeder hatte sich
verkleidet. Unsere Uni hatte für uns Privaträume im Avalon gemietet und somit
stand einer geilen Party nichts mehr im Weg. Dumm nur, dass wir nur 5 Minuten
im Avalon waren, bevor dann ein Großbrand unseren weiteren Aufenthalt verhinderte
und wir vollkommen geordnet aus dem Club rausgeführt wurden. So
komplikationslos laufen Dinge echt nur in Singapur…
Neben den Indern versuche aber auch ich mich zunehmend mit
der Kultur hier zu arrangieren. Mein Bild, das ich vor der Reise von den
Asiaten (Besonders Chinesen) hatte, war das eines sehr strebsamen, fleißigen
und überintelligentem Volk. Ich hatte vor der Reise ein wenig Angst mich mit
all den (sorry für den Ausdruck) Mathefreaks aus Asien messen zu müssen, aber
so langsam wandelt sich mein Bild. Und jetzt wo ich im Nachhinein so darüber
nachdenken, war es auch ziemlich naiv anzunehmen, das Asiate = Asiate ist. Wir
wären ja zum Beispiel auch empört, wenn jemand die Gleichung Europäer =
Europäer aufstellen würde. Was ich damit sagen will, es herrschen extreme
Unterschiede zwischen all den asiatiaschen Völkern.
Menschen aus Singapur sind enorm relaxt, locker und sprechen
ein für uns verständliches Singlisch (eine Mischung aus Chinesisch und
Englisch). Eine Sache über mich habe ich jedoch bei dem Zusammentreffen unserer
Kulturen gelernt. Ich merke jeden Tag wie ungeduldig ich bin. Wenn wir in
Deutschland von A nach B wollen, dann schlendern wir nicht, wir gehen! Hier in
Singapur scheint es hingegen ein Volkssport zu sein, den Nebenmann im langsam
vor sich hinschlurfen zu übertrumpfen. Zudem haben hier viele Leute ein hartes
Talent dafür, absolut im Weg zu stehen und an den unmöglichsten Stellen
anzuhalten. Nicht selten, habe ich mich dabei ertappt wie ich anfing über
Grasflächen oder Seitenwege zu gehen, nur um zu vermeiden, dass so eine müde
und langsame Truppe vor mir herwatschelt.
Eine weitere Lösung gegen das Gedrängel, die zur allgemeinen
Belustigung beitrug und inzwischen zum Insider geworden ist, ist der
Schwert-Regenschirm. Aufgrund des vielen Regens in Singapur musste ich mir
zwischenzeitlich in China-Town einen Regenschirm kaufen. Inmitten der Läden
fiel mir dann ein Regenschirm auf, dessen Griff genau so aussah wie ein Samurai-Schwert
– und der über eine Schlaufe verfügte, mit der man sich das „Schwert“ auf den
Rücken schnallen konnte. Unsere Gruppe hatte Tränen in den Augen (vor Lachen)
als ich dann beschloss 7€ für diesen Schirm zu investieren und damit durch
China-Town wanderte. Es ist verblüffend, wie schnell die ganzen Asiaten einem
doch aus dem Weg gehen können, wenn sie nur wollen. Eine absolute effiziente
Lösung um immer sofort Platz auf Rolltreppen oder in der MRT zu haben.
Es sind aber nicht die Leute aus Singapur über die ich mich
zur Zeit am meisten wundere, sondern die Chinesen. Jedes Studienfach hier
besteht aus einer Vorlesung und einem Tutorium (Kurs mit Übungsaufgaben).
Während alle gleichzeitig die Vorlesungen haben, werden die Tutorien in kleine
Gruppen aufgeteilt und während ich in 3 Fächern Glück habe und immer mit
Spaniern oder Skandinaviern zusammenarbeite, so besteht ein Tutorium von mir
nur aus Chinesen. Ich bin der einzige Deutsche und war dementsprechend auch
nicht der Publikumsliebling als es darum ging, Gruppen für Präsentationen zu
bilden. Präsentationen sind hier ein wichtiger Bestandteil der Endnote und wer
hätte es gedacht, meine Präsentationsgruppe besteht aus mir und 2 Chinesen, die
bei der Gruppenwahl übrig geblieben sind. Während der eine auf mich einen ganz
fitten Eindruck macht (er studiert hier schon im dritten Semester), versteht
der andere hingegen kein (!) Wort Englisch. So gut es ging, sprach ich mit
ihnen ab, dass wir bis Montag (gestern) alle unseren Teil der Präsentation
fertig haben sollen, damit wir den Rest der Woche für das Feintuning nutzen
können. Abgesehen von dem Fakt, dass man sofort den Gruppenleiter spielen muss,
weil sonst nichts passiert, war ich schockiert, welche Arbeitsqualität mir dann
von den beiden präsentiert wurde. Kurzum, ich kann die ganze Präsentation
selber machen. Das was ich momentan nicht nur von den beiden, sondern auch von
anderen Chinesen mitbekommen habe, ist, dass sie zu Aktionismus neigen
(Hauptsache etwas tun) aber Effektivität und hohe Arbeitsqualität oftmals
Mangelware sind. Die meisten zocken die ganzen Vorlesungen an ihrem iPad herum,
weil sie nur Bruchteile von dem verstehen, was vorne geredet wird. Aber, und
das betone ich auch, es gibt andererseits viele, die deutlich mehr machen, als
wir Europäer und dem Bild entsprechen, was wohl die meisten Deutschen von den
Asiaten haben.
So ging dann auch die Woche vorrüber und am Sonntag stand
dann für mich ein besonders Event an. Unsere Uni hat zum ersten Mal das „Amazing
Race“ für Singapur organisiert. Hierbei handelt es sich um ein Rennen quer
durch die Stadt bei der man verschiedenste Aufgaben bewältigen und über die
eigenen Grenzen gehen muss, um das Ziel zu erreichen. Gerade in den USA erfreut
sich dies in vielen Städten besonderer Beliebtheit und hier in Singapur wurde
es medientechnisch echt aufgebläht à
sprich: Eine TV-Produktion aus der ein 40-minütiges Video erstellt wird. Der
Preis für das Gewinnerteam (2 Personen-Teams) beträgt 1000Singapur Dollar
(640€) und somit habe ich und auch ein paar andere aus unserer Gruppe, uns
unverbindlich mit Video beworben. Was ich nicht im Ansatz gedacht hätte, ich
wurde genommen und war einer der 10 Finalisten, die das Rennen dann am Sonntag
bestreiteten.
Jedes Team wurde mit einem Kameramann, einem Tontechniker
und einem Team-Coordinator ausgestattet. Mein zugeloster Partner war Jeppe, ein
überaus symphatischer Däne mit dem ich schon zuvor das ein oder andere Bier in
Singapur getrunken hatte. Lange Rede kurzer Sinn: Jedes Team hatte 5
verschiedene Aufgaben quer durch Singapur zu lösen, unsere Aufgaben bestanden
aus: dem Hochhalten eines Ballähnlichen Federballs, dem Essen 5 warmer Behälter
von „Soja-Bohnen-Öl-Creme“, dem Finden bestimmter Plätze im Botanischen
Garten, dem Finden bestimmter Personen in einer Mall, dem Fliegen im größten
Windkanal der Welt und natürlich dem rechtzeitigen Erreichen des Ziels. Zwar
hatten Jeppe und ich es geschafft, unter der vorgesehenen Zeit im Ziel
anzukommen und jede Challenge zu meistern, trotzdem wurde unser Team nur
Vierter. Wirklich traurig, war ich darüber aber nicht, denn der Tag war einfach
nur überragend und man war froh alles geschafft zu haben. In 2 Wochen wird
offizieller Ausstrahlungstermin der Show sein und dann kann sich auch jeder in
Deutschland ein Bild von diesem abgefahrenen Tag machen.
Anbei noch ein paar Bilder der letzten Tage!
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Felix, Vishal und Ich an Halloween |
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Die ganze Meute an Halloween |
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Die Rückenansicht des letzten Samurais |
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Jeppe und ich vor dem Amazing Race |
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Alle Wettbewerber im Ziel |
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Unser Kamerateam, unsere Koordinatorin Kim, Jeppe und Ich |